Jobzuwachs am US-Arbeitsmarkt wird schwächer - Zinssenkungsfantasien nehmen zu

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- von Lucia Mutikani

Washington (Reuters) - Der Boom am Arbeitsmarkt in den USA schwächt sich unerwartet deutlich ab und heizt die Zinssenkungserwartungen an.

Im April wurden lediglich 175.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft geschaffen, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Arbeitsmarktbericht der Regierung hervorgeht. Von Reuters befragte Volkswirte hatten einen weitaus stärkeren Jobaufbau von 243.000 erwartet, nachdem noch im März nach revidierten Zahlen 315.000 Stellen hinzugekommen waren. Die separat ermittelte Arbeitslosenquote stieg im April auf 3,9 Prozent an. Im März lag sie bei 3,8 Prozent. Ökonomen hatten eine stabile Quote erwartet.

Die Börsen reagierten umgehend: Der Dax und der EuroStoxx50 weiteten ihre Kursgewinne nach den Daten aus und standen zeitweise je 0,8 Prozent im Plus. Auch die US-Futures legten zu. Gemessen an den Futures-Kursen wurde die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung der Fed im September auf 78 Prozent taxiert. Vor Veröffentlichung des Berichts waren es nur 63 Prozent. Auch die Zahl der fest erwarteten Zinssenkungen in diesem Jahr stieg auf nunmehr zwei Schritte nach zuvor einem an.

"Ein enttäuschender Stellenaufbau sorgt für zunehmende Zinssenkungserwartungen", kommentierte Ralf Umlauf, Volkswirt bei der Helaba die Zahlen. Ob allerdings der Juni ernsthaft eine Option für die Fed darstelle, dürfe nach der jüngsten Sitzung und den Einlassungen von Fed-Chef Jerome Powell bezweifelt werden. "Wir halten eine Reduktion im Herbst nun für wahrscheinlich." Ähnlich sieht das LBBW-Ökonom Dirk Chlench: "Kurzum: Die Spekulanten auf eine Fed-Zinssenkung sind wieder im Spiel." Aus Sicht von Peter Cardillo, Chef-Marktökonom bei Spartan Capital in New York, enthielt der Bericht genau das, was die US-Notenbank sehen möchte. "Wir brauchen mehr Beweise, aber wenn dieser Weg fortgesetzt wird, dann glaube ich, dass sich der Zeitpunkt einer Zinssenkung ändern könnte", merkte er an. Und anstelle einer könnte es dann zu zwei Zinssenkungen in diesem Jahr kommen.

FED HÄLT VORERST AN HOCHZINSPOLITIK FEST

Die US-Notenbank Federal Reserve hält derzeit die Zinsen auf einem hohen Niveau, um eine sehr hartnäckige Inflation nach unten zu drücken. Zugleich will die Fed einen heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen, ohne dass dabei die Wirtschaft in eine Rezession abgleitet. Am Mittwoch beließen die Währungshüter den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Fed-Chef Powell ließ dabei den Zeitpunkt einer Zinswende erneut offen. Diese sei nicht angebracht, solange nicht mehr Zuversicht herrsche, dass sich die Teuerungsrate nachhaltig dem Fed-Ziel von zwei Prozent nähere. Die Währungshüter haben dabei unter anderem die Entwicklung des Lohnwachstums im Blick.

Im April stiegen die Löhne dem Bericht zufolge im Jahresvergleich um 3,9 Prozent an. Noch im März hatte das Lohnwachstum bei 4,1 Prozent gelegen. Es war das erste Mal seit Juni 2021, dass das Lohnwachstum unter 4,0 Prozent lag. Experten zufolge gilt ein Lohnplus in einer Spanne zwischen 3,0 bis 3,5 Prozent als vereinbar mit dem Inflationsziel der US-Währungshüter. Beim Beschäftigungswachstum hatte der Gesundheitssektor mit 56.000 zusätzlichen Stellen, die sich auf ambulante Pflegedienste, Krankenhäuser sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen verteilen, die Nase vorn. Im Einzelhandel wurden 20.000 neue Stellen geschaffen.

(Weitere Berichterstattung Frank Siebelt und Rene Wagner; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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