Teilzeitquote auf Rekordniveau von 31 Prozent

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2024. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

Berlin (Reuters) - Teilzeitarbeit ist in Deutschland so weit verbreitet wie noch nie.

31 Prozent der Angestellten arbeiteten im vergangenen Jahr reduziert - insgesamt 12,2 Millionen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das ist die höchste Teilzeitquote seit der Wiedervereinigung. 2022 lag sie noch bei 30 Prozent, 2013 bei 28 Prozent und 1991 bei 14 Prozent. Besonders häufig arbeiten Frauen in Teilzeit - vor allem Mütter. Im Pflegebereich ist eine reduzierte Arbeitszeit wegen der hohen Belastung am weitesten verbreitet, am wenigsten in einigen für die Energiewende benötigten Mangelberufen wie Heizungstechnik.

Jede zweite Frau war im vergangenen Jahr in Teilzeit tätig, aber nur 13 Prozent der Männer. Vor allem die Geburt des eigenen Kindes führt bei Frauen zu einer Reduktion der Arbeitszeit: 67 Prozent aller Mütter mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren waren in Teilzeit tätig, aber nur neun Prozent aller Väter. "Dies reflektiert eine ungleiche Verteilung von Erwerbsarbeit", sagte die Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch. Erwerbsarbeit werde zu einem größeren Teil von Männern erledigt, Sorgearbeit überwiegend von Frauen. "Letzteres geht für viele Frauen mit hohen sozialen Risiken einher", sagte Kohlrausch. Bei Beschäftigten ohne Kinder sind die Unterschiede weniger deutlich. Hier lag die Teilzeitquote von Frauen bei 39 Prozent, Männer ohne Kinder arbeiteten zu 16 Prozent in Teilzeit.

Die Gründe für den Verzicht auf eine Vollzeitbeschäftigung sind vielfältig: Während 27 Prozent der Frauen die Betreuung von Kindern als Grund angaben, traf dies bei Männern nur auf knapp sechs Prozent zu. Für 24 Prozent der Männer war eine Aus- oder Fortbildung beziehungsweise ein Studium ursächlich für die verringerte Arbeitszeit, während dies bei den Frauen nur auf acht Prozent zutraf. Auch Krankheit oder das fehlende Angebot von Vollzeitjobs können Gründe sein. Mehr als ein Viertel arbeitet auf eigenen Wunsch weniger, ohne dass die genannten Gründe – gesundheitliche Einschränkungen oder andere familiäre Verpflichtungen – eine Rolle spielen.

Angesichts des Fachkräftemangels wird über eine stärkere Aktivierung von Teilzeitbeschäftigten diskutiert. "Allerdings wiesen 2023 die meisten Mangelberufe für nichtakademische Fachkräfte einen stark unterdurchschnittlichen Teilzeitanteil auf", so die Statistiker. Eine Ausnahme bildet die Bereiche Gesundheits- und Krankenpflege sowie Altenpflege: Hier lagen die Teilzeitanteile mit 39 und 43 Prozent klar über dem Durchschnitt. "Gründe hierfür sind nicht nur der sehr hohe Anteil weiblicher Arbeitskräfte, sondern auch die außerordentliche Arbeitsbelastung im Pflegebereich", hieß es. Dagegen war die Teilzeitquote in der Energietechnik sowie im Bereich Klempnerei, Heizungs-, Sanitär- und Klimatechnik - wo Fachkräfte zur Umsetzung der Energiewende gebraucht werden - mit jeweils gut fünf Prozent sehr niedrig.

Dem WSI zufolge kann das Erwerbspotenzial im Kampf gegen den Fachkräftemangel nur ausgebaut werden, wenn es zu einer fairen Verteilung von Sorgearbeit kommt. "Dafür brauchen Paare zeitliche Spielräume, die zum Teil durch den Ausbau der Kinderbetreuung erreicht werden können", sagte Kohlrausch. "Diese ist zuletzt aber sogar eher unzuverlässiger geworden, so dass einige Eltern darauf mit Arbeitszeitverkürzung reagiert haben."

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

Das könnte dich auch interessieren

Neueste exklusive Artikel