"Würden mit unseren Fingernägeln kämpfen" - Israel trotzt US-Warnung

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Washington/Kairo/Rafah (Reuters) - Israels Regierung hat sich unbeeindruckt von einer Drohung der USA gezeigt, bei einem Angriff auf Rafah im Gazastreifen die Waffenlieferungen einzuschränken.

"Wie ich bereits gesagt habe, werden wir, wenn es sein muss, mit unseren Fingernägeln kämpfen", sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Donnerstag in einer Videobotschaft. "Wenn wir allein dastehen müssen, werden wir allein dastehen." Ein Sprecher des Militärs erklärte, Israel habe genug Munition für die geplanten Einsätze etwa in Rafah. Einem Insider zufolge ging unterdessen die nächste Runde der Gespräche in Ägypten über eine Waffenruhe ohne Durchbruch zu Ende. Die israelische Delegation kehre nun aus Kairo nach Hause zurück, hieß es.

US-Präsident Joe Biden hatte erklärt, er werde die Waffenlieferungen an Israel weiter einschränken, sollte Israel gegen Rafah vorrücken. Damit setzte er zum ersten Mal seit Ausbruch des Gazakrieges im Oktober der militärischen Unterstützung für den wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten Grenzen. Dem Sender CNN sagte er, Israel werde keine Unterstützung erhalten, wenn es dicht besiedelte Gebiete angreife. Auf 2000-Pfund-Bomben (rund 900 Kilogramm) angesprochen, die Israel erhalten habe, sagt Biden, diese hätten zu Tod von Zivilisten geführt. Die US-Regierung hatte wiederholt gewarnt, sie werde eine Rafah-Offensive ohne ein glaubwürdiges Konzept zum Schutz der Zivilbevölkerung nicht unterstützen.

EINWOHNER: KÄMPFE IN TEILEN VON RAFAH

Biden gerät angesichts der steigenden Opferzahlen unter der palästinensischen Bevölkerung auch im Präsidentschaftswahlkampf unter Druck. Vor allem der linke Flügel seiner Demokraten fordert, die Offensive auf Rafah zu stoppen. Allgemein sieht er sich vor der Abstimmung im November mit dem Vorwurf konfrontiert, in dem Krieg zu einseitig an der Seite Israels zu stehen. Der Streit hat auf die Innenpolitik in den USA übergegriffen. An mehreren US-Universitäten ist es zur Protestveranstaltungen gegen Israel gekommen. Zum Teil wurden diese von der Polizei aufgelöst.

Rafah gilt als letzte Bastion der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen. Mehr als eine Million Menschen haben dort Schutz vor dem Krieg gesucht. Palästinensischen Bewohnern zufolge griff die Armee am Donnerstag Teile der Stadt mit Panzern und aus der Luft an. Kämpfer der Islamisten erklärten, sie hätten die Panzer beschossen. Das israelische Militär teilte mit, gezielt Einrichtungen der Hamas angegriffen zu haben. Die israelische Armee war am Dienstag auf Rafah vorgerückt, nachdem Verhandlungen über eine Waffenruhe erneut ins Stocken geraten waren. Die UN haben wiederholt vor einer humanitären Katastrophe gewarnt.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sind bislang über 34.900 Menschen bei israelischen Angriffen getötet worden. Mehr als 78.500 seien verletzt worden, teilte die der Hamas unterstellte Behörde mit. Beim Überraschungsangriff der Islamisten auf Israel Anfang Oktober waren nach israelischen Angaben rund 1200 Menschen getötet und 252 entführt worden. Ein Teil der Geiseln wurde freigelassen oder ist tot. Nach israelischen Angaben werden noch 128 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Es ist unklar, wie viele von ihnen noch leben.

(Bericht von Jarrett Renshaw, Nidal al-Mughrabi und Mohammad Salem; geschrieben von Hans Busemann und Scot W. Stevenson; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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