Chinas Wirtschaft wächst kräftig - "Von Exporten getragen"

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Peking (Reuters) - Die chinesische Wirtschaft hat im ersten Quartal dank boomender Exporte überraschend an Schwung gewonnen.

Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März um 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt am Dienstag in Peking mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Plus von 4,6 Prozent gerechnet, nachdem es im vierten Quartal 2023 zu einem Wachstum von 5,2 Prozent gereicht hatte. Für die Regierung der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist dies ein willkommenes Zeichen. Sie versucht seit längerem, angesichts einer anhaltenden Immobilienkrise die Nachfrage und das Vertrauen zu stärken. Im Vergleich zum Vorquartal wuchs die Wirtschaft mit 1,6 Prozent ebenfalls überraschend stark.

"Der Aufschwung wird von den Exporten getragen" sagte Ökonom Raymond Yeung vom Finanzhaus ANZ in Peking. "Die heimische Nachfrage ist immer noch schwach, aber die Exporte sind gut." Das dürfte sich im Frühjahr so fortsetzen. China wirft derzeit Elektroautos, Batterien, Solarmodule, Halbleiter und andere Industriegüter in großen Stückzahlen auf den Weltmarkt. Die Preise für viele Güter sinken durch diese Exportoffensive auf den globalen Märkten, was die Produzenten in anderen Ländern wie den USA und Deutschland unter Druck setzt. "Die chinesische Wirtschaft wurde eher durch kostengünstige Industrieproduktion und Exporte angetrieben", sagte Analyst Tao Chuan von Soochow Securities in Peking. "Dies wird der Motor für die Wirtschaft in diesem Jahr sein."

Die Regierung strebt für das Gesamtjahr ein Wirtschaftswachstum von rund 5,0 Prozent an. "Das starke Wachstum im ersten Quartal trägt wesentlich dazu bei, dass China sein Jahresziel erreichen kann", sagte Ökonom Harry Murphy Cruise von Moody’s Analytics.

"ABSCHWÄCHUNG WECKT ZWEIFEL"

Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt: Im März allein zeigte die Tendenz in wichtigen Branchen nach unten. Die Industrieproduktion legte nur noch um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, nachdem es im Januar/Februar zusammen noch zu einem Plus von 7,0 Prozent gereicht hatte. Der Einzelhandelsumsatz wuchs mit 3,1 Prozent ebenfalls schwächer als in den ersten beiden Monaten mit 5,5 Prozent. "Die Abschwächung des Wirtschaftswachstums im März weckt Zweifel, ob die zu Beginn des Jahres verzeichnete wirtschaftliche Erholung von Dauer sein kann", sagte Commerzbank-Ökonom Tommy Wu. "Dies erhöht den Druck auf die Regierung, weitere Maßnahmen zur Konjunkturstützung umzusetzen." Dabei dürfte sich der Staat weiter auf Anreize für Investitionen in die Infrastruktur und in aufstrebende Industrien konzentrieren.

Die Immobilienkrise hat sich zuletzt verschärft: Die Preise für neue Wohnungen sind im März so stark gefallen wie seit über acht Jahren nicht mehr. Sie gaben um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat nach, wie aus Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters auf Basis von Daten des Statistikamtes hervorgeht. Das ist das größte Minus seit August 2015. Der Immobiliensektor, auf den fast ein Viertel der Wirtschaftsleistung Chinas entfällt, steckt seit 2021 in einer Schuldenkrise. Er ist durch ein hartes Durchgreifen der Regulierungsbehörden unter Druck geraten. Diese wollen eine übermäßige Verschuldung verhindern, was die Liquidität verknappte und die Ausfallrisiken für Bauunternehmen erhöhte. Die Krise belastet die Konjunktur. "Wir schätzen, dass der Immobilienabschwung das Wachstum im Jahr 2024 um 0,3 Prozentpunkte verringern wird", schrieben die Ökonomen von ANZ in einer Analyse. Die Immobilieninvestitionen dürften um etwa zwölf Prozent einbrechen.

Die Wirtschaft erholt sich nach den massiven Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie insgesamt nur langsam. Zudem lastet auf ihr nicht nur die Immobilienkrise, sondern auch die schrumpfende Bevölkerungszahl. Der Volksrepublik droht auch deshalb eine schlechtere Bonitätsbewertung durch die Ratingagentur Fitch. Diese senkte vorige Woche ihren Ausblick für die Kreditwürdigkeit von "stabil" auf "negativ". Als Grund gab Fitch steigende Risiken für den Haushalt durch die Umstellung auf ein neues Wachstumsmodell an.

(Bericht von Joe Cash und Kevin Yao, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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