Schwache Frühjahrsbelebung am Jobmarkt - "Richtung stimmt einfach nicht"

Reuters · Uhr

Nürnberg/Berlin (Reuters) - Angesichts der Konjunkturflaute kommt die Frühjahrsbelebung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nur verhalten in Gang.

"Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nehmen im März zwar ab, allerdings weniger als sonst in diesem Monat", sagte Behördenchefin Andrea Nahles am Donnerstag zu den aktuellen Jobmarkt-Zahlen der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA). Die konjunkturelle Flaute mache sich bemerkbar. Für Arbeitslose sei es derzeit so schwierig wie selten zuvor, eine neue Beschäftigung zu finden. Die Arbeitslosenzahl sank im März um 45.000 auf 2,769 Millionen, die Quote verringerte sich um 0,1 Punkte auf 6,0 Prozent.

Wie Nahles weiter ausführte, nimmt das Risiko, den Job zu verlieren, schleichend zu - auch wenn es im langjährigen Vergleich immer noch niedrig sei. Es sei zwar kein Kipppunkt erreicht: "Es ist nicht eine Situation, wo wir katastrophische Töne anschlagen müssen. Aber es ist auch keine gute Entwicklung, die Richtung stimmt einfach nicht", warnte die BA-Chefin. Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Schwankungen stieg die Erwerbslosenzahl nach Angaben der BA im Monatsvergleich um 4000 auf 2,719 Millionen.

Bei der Suche nach neuem Personal sind die Arbeitgeber laut den Zahlen der BA derzeit zurückhaltend: "Der Bestand, der bei uns gemeldeten Stellen hat seinen Abwärtstrend auch im März fortgesetzt", sagte Nahles. Mit 707.000 Stellenangeboten sei das Niveau im langjährigen Vergleich zwar weiterhin hoch, die Einbußen gegenüber dem Vorjahr seien aber unübersehbar.

Die Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Leonie Gebers, sieht den Jobmarkt trotz "schwacher Frühjahrsbelebung" als weiterhin verlässlichen Stabilitätsfaktor. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wächst demnach langsamer, aber nach wie vor monatlich - im Januar saisonbereinigt um 27.000 Personen. Sie stehe nun bei 34,75 Millionen.

Gebers verweist darauf, dass das Plus bei der Beschäftigung bereits seit Beginn vorigen Jahres ausschließlich auf Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zurückgehe: "Für die Sicherung von Arbeitskräften für den deutschen Arbeitsmarkt benötigen wir neben der Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen und der Förderung von Weiterbildung auch engagierte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Geflüchtete einstellen und sie am neuen Arbeitsplatz eng begleiten", mahnte die Staatssekretärin.

FACHKRÄFTEKNAPPHEIT HAT ETWAS NACHGELASSEN

"Mit der lahmenden Konjunktur hat auch die Fachkräfteknappheit etwas nachgelassen", konstatiert KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen habe sich seit dem vergangenen Jahr um mehr als 70.0000 auf rund 700.000 verringert. "Dennoch: Fehlende Fachkräfte hemmen das Wirtschaftswachstum und verzögern die klimaneutrale und digitale Transformation." Fachkräfte würden weiter händeringend gesucht, aber oftmals scheine "ein Mismatch zwischen den Qualifikationsniveaus" potenzieller Arbeitskräfte und den Anforderungen der offenen Stellen zu bestehen, erläuterte Deutsche-Bank-Volkswirt Marc Schattenberg.

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten in ihrer Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung, dass mit einem Anziehen der Wirtschaft im zweiten Halbjahr eine abnehmende Arbeitslosigkeit einhergehen dürfte. Alles in allem erwarten die Institute eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent im laufenden und 5,5 Prozent im kommenden Jahr.

(Bericht von Reinhard Becker, Mitarbeit Holger Hansen, Rene Wagner, Christian Krämer; redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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