OTS: Jones Lang LaSalle SE (JLL) / Bürovermietungsmarkt zwischen taktischer ...

dpa-AFX · Uhr
    Bürovermietungsmarkt zwischen taktischer Pause und hoher Nachfrage /
Erwarteter Dämpfer zum Jahresbeginn beschert 607.000 m² Flächenumsatz
Frankfurt (ots) - Fast ohne Anmietungen jenseits der 5.000 m² ist der
Bürovermietungsmarkt in den sieben deutschen Immobilienmetropolen verhalten ins
Jahr 2023 gestartet. Insgesamt verbuchte der Markt einen Flächenumsatz von
607.000 m², was einem Rückgang von 31,5 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal
2022 entspricht, wie der Immobiliendienstleister JLL in seiner aktuellen
Quartalsanalyse errechnet hat. Haben die Vermietungsvolumina 2022 nach oben hin
überrascht, kommt diese Delle im ersten Quartal nun erwartungsgemäß - man könnte
es als temporäre Ruhephase deuten. Zum einen zeigt sich die potenzielle
Nachfrage nach wie vor robust und die Unternehmen profitieren von einem sich
leicht aufhellenden Konjunkturumfeld, zum anderen lasten aber Kosten und
Unsicherheiten auf unternehmerischen Entscheidungsprozessen.

Dr. Konstantin Kortmann , Country Leader JLL Germany und Head of Markets: "Der
Bürovermietungsmarkt hat diesmal mit dem Jahreswechsel eine harte Kante erlebt -
das Momentum ist nach dem außergewöhnlich starken Jahr 2022 spürbar
zurückgegangen. Aber mittelfristig sehen wir weiterhin große Nachfrage und eine
gut gefüllte Pipeline. Zwar werden die Deals kleiner, doch spielen Qualität,
ESG-Kriterien und zentrale Lage eine zunehmend wichtige Rolle, sodass Wettbewerb
und Mietpreisentwicklung weiterhin dynamisch sind. Hierbei agieren die
verschiedenen Branchen sehr heterogen."

Denn genauso differenziert wie sich die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt aktuell
zeigen, müssen auch die Entwicklungen in den einzelnen Branchen gesehen werden.
Gestiegene Energie- und Personalkosten treffen nicht alle Branchen
gleichermaßen, und selbst wenn sich die Gas- und Stromkosten wieder auf einem
deutlich niedrigeren Niveau eingependelt haben, treibt die Sorge um zusätzliche
Lohnkosten nicht nur jedes Unternehmen, sondern auch die Europäische Zentralbank
um. Letztere sieht aufgrund der nach wie vor hohen Kerninflation die Gefahr
einer Lohn-Preis-Spirale. Die jüngsten Tarifabschlüsse, die zwischen
Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelt wurden, liegen teilweise bei
deutlich mehr als zehn Prozent, und noch sind nicht für alle Arbeitnehmer
Einigungen erzielt worden. Nimmt man eine zehnprozentige Lohnsteigerung als
Durchschnitt für alle der gewerkschaftlich organisierten elf Millionen
Beschäftigten an, so würde dies Mehrkosten bei den betroffenen Unternehmen von
mehr als drei Milliarden Euro verursachen. Es bleibt abzuwarten, ob und in
welchem Umfang diese zusätzliche Kostenbelastung an die Kunden weitergegeben
wird.

Von Lohnsteigerungen profitieren hingegen die Arbeitnehmer und damit die
Konsumenten, was sich im März bereits in einer aufgehellten Stimmung gezeigt
hat. Der entsprechende Indikator der GfK kletterte auf den höchsten Stand seit
zehn Monaten. Und auch in den Chefetagen der Unternehmen hellt sich die Stimmung
weiter auf: "Trotz des jüngsten Bankenbebens stieg der Ifo-Geschäftsklimaindex
auf 93,3 Zähler von 91,1 Punkten im Vormonat. Dies war der fünfte Anstieg in
Folge. Insbesondere die Erwartungen für die nächsten sechs Monate konnten sogar
deutlich zulegen und das selbst in der durch die Zinswende arg gebeutelten
Baubranche", sagt Helge Scheunemann , Head of Research JLL Germany.

Die Grundlagen für einen moderaten Optimismus für den Büromarkt sind also
gegeben: "Bessere Geschäftsaussichten scheinen höhere Kosten und eine
möglicherweise zu erwartende bremsende Kreditvergabe der Banken zu kompensieren.
Für das Gesamtjahr gehen wir in der Bewertung aller Faktoren davon aus, dass das
Vermietungsvolumen um bis zu zehn Prozent niedriger ausfallen wird als 2022. Das
wäre mit 3,1 Millionen m² immer noch ein Ergebnis, welches das Vorjahresresultat
und den Schnitt der vergangenen zehn starken Jahre nur um rund zehn Prozent
unterschreiten würde", erklärt Scheunemann .

Ohne Großabschlüsse schwächelt der Flächenumsatz im ersten Quartal

Mit dem Flächenumsatz von 607.000 m² präsentieren sich die Hochburgen dabei
alles andere als konstant. Zwar konnte sich keine Stadt einem Rückgang
entziehen, dieser fiel in Düsseldorf mit 19,5 Prozent und in Berlin mit 22
Prozent jedoch moderater als in Stuttgart (minus 53 Prozent) oder München (minus
39 Prozent) aus.

Was in den Monaten Januar bis März durchweg fehlte, waren großvolumige
Abschlüsse mit mehr als 5.000 m². Das zeigt sich besonders am Beispiel München,
wo nur zwei größere Abschlüsse über 5.000 m² registriert wurden und der
Durchschnitt pro Vermietung bei lediglich 753 m² liegt. "Großanmietungen sind
aber weiterhin in der Pipeline und könnten im Laufe des Jahres realisiert und
damit umsatzwirksam werden. Besonders für größere Flächen mit neuen
Flächenkonzepten sehen wir gute Vermarktungschancen", sagt Stephan Leimbach ,
Head of Office Leasing JLL Germany. "Wir haben die Chance auf ein erneut sehr
gutes Jahr, denn die Anfragesituation ist so stark wie zuletzt zum Auftakt 2020.
Die Frage ist, wie viel sich davon realisieren lässt."

Die Nachwirkungen der Coronapandemie sind nicht aufgelöst, und viele Unternehmen
stellen sich neu auf oder hinterfragen ihre Arbeitsplatzkonzepte. "Der
Veränderungsdruck im Bürosegment ist nach wie vor hoch und erfordert oft
grundlegende Neuausrichtungen, damit Unternehmen in den kommenden Jahren auf dem
Arbeitsmarkt bestehen können", erörtert Leimbach . Gesucht sind zudem
nachhaltige Objekte mit klaren ESG-Kriterien inklusive eines modernen und
technisch hochwertigen Ausstattungskonzepts. Dies wird die Nachfrage auch in
diesem Jahr prägen. Im ersten Quartal lag der Umsatzanteil von A-Flächen bei
fast 70 Prozent. Das Credo lautet: "Es müssen nicht immer größere Flächen als
vorher sein, aber bessere und damit teurere", so Leimbach . Nach einer
JLL-Umfrage verfolgen deutlich mehr als 60 Prozent der Unternehmen eine hybride
Flächenstrategie zwischen Büro und Homeoffice. Büros, insbesondere in zentralen
Lagen, gehören nach wie vor zu dieser Strategie.

In Bezug auf die Mieterklientel zeigt sich, dass die global schwächelnde
Tech-Branche auch am deutschen Büromarkt zurückhaltender geworden ist. Das gilt
für weitere Expansionspläne genauso wie für den aktuellen Flächenbestand. Die
Preissensibilität hat grundlegend zugenommen, und JLL beobachtet, dass vermehrt
Untermietflächen aus dieser Branche vermarktet werden. Dagegen wachsen die
Unternehmensberater und auch Steuer- und Anwaltskanzleien weiter, hier ist auch
die Zahlungsbereitschaft für Topflächen in zentraler Lage nach wie vor
vorhanden.

Leerstand steigt in den sieben Metropolen erstmals seit 2016 auf über fünf
Millionen m²

Mit mehr als fünf Millionen m² hat das Leerstandsvolumen in den sieben
Metropolen erstmals seit Ende 2016 diese Marke überschritten. Gegenüber dem
Vorjahresquartal entspricht dies einem Plus von zwölf Prozent. Die Quote steigt
damit auf 5,2 Prozent. "Inoffiziell" ist mit dem Überschreiten der
Fünf-Prozent-Marke die Zeit der fast sieben Jahre anhaltenden Knappheit am
Büromarkt vorbei. Gleichwohl sieht JLL nach wie vor keine Angebotsschwemme.
Diese Entwicklung bestätigt die Prognose eines bis Ende 2023 weiter moderat
zunehmenden Leerstands auf dann 5,8 Prozent. "Zwar sind in Frankfurt gute
Flächen verfügbar und es wird gebaut, doch in anderen Städten sind Flächen
bereits jetzt deutlich knapper und Entwicklungen gebremst. Dort steuern wir in
zwei Jahren auf einen Flächenengpass zu, der sich bereits jetzt abzeichnet und
den Druck in den jeweiligen Märkten erhöhen wird", erwartet Stephan Leimbach .

Die Ausdifferenzierung zwischen nachgefragten Topflächen und Büros mit
schlechterer Qualität geht weiter. "Ein Teil des Büromarkts, der die
Anforderungen an Lage und Qualität nicht mehr erfüllen kann, wird perspektivisch
aus dem Markt fallen, umgenutzt oder abgerissen werden", prognostiziert Leimbach
. Die Zukunft muss also in der Bestandssanierung und -optimierung liegen. Nur
mit entsprechenden Investitionen in die Sanierung werden Altflächen auch künftig
eine Vermarktungschance haben. Dies gilt auch für Flächen, die von einem
Unternehmen zur Untermiete angeboten werden, wenn sie nicht mehr in die
Unternehmensausrichtung passen oder über eine Flächenverkleinerung nachgedacht
wird. "Aktuell registrieren wir ein Volumen von 827.000 m², die zur Untermiete
am Markt angeboten werden. Das sind knapp 13 Prozent mehr als im Vorquartal. Der
Anteil am gesamten Leerstand beläuft sich nach wie vor auf 16 Prozent und hat
sich nicht verändert", rechnet Helge Scheunemann vor .

Auch wenn sich die Lage in der Baubranche insgesamt etwas erholt hat, so ist sie
dennoch noch weit entfernt von einer Normalisierung. Der Baupreisindex steigt
weiter (plus 2,5 Prozent in Q4 2022 im Vergleich zu Q3 2022), und solange auch
die Zinsen hoch bleiben, bleibt der Markt für Projektentwicklungen angespannt.
Gepaart mit den nach wie vor vorhandenen Material- und Personalengpässen
belastet dies weiterhin zahlreiche Unternehmen.

Die angezogene Handbremse zeigt sich auch in den Fertigstellungszahlen für das
abgelaufene Quartal. Rund 218.000 m² wurden in den sieben Metropolen
fertiggestellt, das entspricht nicht einmal der Hälfte des Volumens aus dem
letzten Quartal 2022 und auch im Zwölfmonatsvergleich reduzierte sich das
Neubauangebot um 52 Prozent. Besonders in Berlin ging das Fertigstellungsvolumen
um 85 Prozent auf nur noch 45.000 m² zurück. Klar ist, dass angeschobene Bauten
nach wie vor fertiggestellt werden, neue Projekte aber aufgrund der
nicht-kalkulierbaren Kosten und einer unsicheren Zeitplanung häufig verschoben
werden. Auch Banken schauen deutlich kritischer auf solche
Finanzierungsengagements und erwarten bereits vor Baubeginn eine deutlich höhere
Vorvermietungsquote als früher. Immerhin: "In den sieben Hochburgen haben wir
aktuell mehr als 100 Büroprojekte im Bau registriert, die bereits zu mehr als
die Hälfte vormietet sind - Eigennutzer exkludiert. Das korreliert auch mit der
Vermietungssituation der im ersten Quartal fertig gewordenen Projekte, auch bei
diesen beläuft sich die Vorvermietung auf rund 50 Prozent", sagt Scheunemann .

Für das restliche Jahr 2023 stehen noch 1,4 Millionen m² im Bau, sodass sich das
Delta im Vergleich zu 2022 bis Jahresende auflösen sollte und ein ähnliches
Neubauvolumen zu erwarten ist. In der aktuellen Marktlage darf diese Konstanz
als gutes Zeichen gedeutet werden. Auch wenn bei manchen Projekten das erwartete
Fertigstellungsdatum nach hinten verschoben wurde: Ein Abbruch von bereits
angeschobenen und im Bau befindlichen Projekten wäre sicherlich ein denkbar
schlechtes Signal. Ebenso positiv ist, dass die Vorvermietung für 2023 bereits
bei fast 60 Prozent liegt. Von der Neubauseite her wird also kein signifikanter
Druck auf die Leerstände ausgeübt.

Spitzenmieten steigen weiter - aber langsamer

Nach der Mietdynamik im vergangenen Jahr wird sich das Wachstum der
Spitzenmieten im Verlauf des Jahres 2023 schon allein aufgrund des Basiseffekts
abflachen. "Doch im Augenblick bleibt der JLL-Spitzenmietpreisindex mit 264
Punkten gegenüber dem Vorjahreswert mit über 13 Prozent noch deutlich im Plus",
sagt Scheunemann . Allerdings zogen im Vergleich zum letzten Quartal 2022 die
Spitzenmieten signifikant nur noch in Köln und moderat in Berlin und München an.
Für das Gesamtjahr erwartet JLL im Schnitt über die sieben Märkte ein Plus von
knapp sechs Prozent. Der Fokus auf qualitativ hochwertige Büros wird dabei
anhalten. Gleichzeitig bleibt auch die Inflation auf Jahressicht auf einem
vergleichsweise hohen Niveau. "Da das Gros der Verträge mit Indexklauseln an die
Preissteigerung gekoppelt ist, bleibt der Druck auf die Mieten bestehen, auch
abseits des engen Spitzensegments. Zunehmend werden bei Neuabschlüssen aber auch
andere Klauseln wie Staffelmieten von Seiten der Eigentümer akzeptiert", erklärt
Leimbach .

Pressekontakt:

Peter Lausmann, Team Leader Corporate Communications JLL Germany,
Tel. 069 2003 1366, mailto:peter.lausmann@jll.com

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/62984/5480716
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